10 / 10 / 2019 in Karrierewelt
Wie werden Sie zum schlechtesten Arbeitgeber?
Ihre HR-Abteilung versinkt in der großen Anzahl herausragender Bewerbungen? Und auch die Post macht täglich Überstunden, um Ihnen stapelweise die besten Bewerbungsunterlagen zu liefern? Sie wollen wissen, wie Sie Talente in Zukunft wirkungsvoll abschrecken? Folgen Sie uns hier entlang.
Damit Ihr Unternehmen möglichst unattraktiv wird, müssen einige grundlegende Veränderungen vorgenommen werden. Vieles kann schnell Einzug halten, anderes braucht eine langfristige Strategie. Nicht alles wird Ihnen gleich gelingen, mit ein wenig Planung sollten Sie Ihr Ziel allerdings schon bald erreichen. Als Bonus sparen Sie nicht nur einiges an Kosten, sondern schon bald auch die komplette HR-Abteilung.
Senken Sie die Wertschätzung auf allen Ebenen
Unverzichtbarer erster Schritt ist in jedem Fall eine dramatische Gehaltskürzung. Schreiben Sie alle Stellen weit unter ihrem Wert aus und ignorieren Sie das gesetzliche Mindestgehalt. Das führt langfristig zu einer konsequenten Senkung des Gehaltsniveaus und verhindert die Bewerbung allzu qualifizierter Bewerber gleich im Vorhinein. Immer ein guter Tipp: Reagieren Sie gar nicht oder erst sehr spät auf die Bewerbung. Damit sich auch die Reihen der Altmitarbeiter lichten, sollten Sie auch hier auf jede Art der Wertschätzung verzichten. Streichen Sie Wörter wie Gehaltserhöhung, Prämien, Sonderzahlung, Gewinnbeteiligung oder Sozialleistungen aus dem Firmenwortschatz. Erklären Sie Ihren Mitarbeitern regelmäßig, dass sie die größten Kostenfaktoren darstellen. Aber Geld ist nicht alles, hier müssen Sie noch deutlich weiter gehen, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Wichtig ist hier eine konsequente Umsetzung: keine Anerkennung, keine Mitarbeitergespräche, keine Gestaltungsmöglichkeit. Dafür umfassende Angst. Geben Sie unbedingt allen permanent das Gefühl, dass konstruktive Vorschläge oder Feedback unerwünscht sind.
Bremsen Sie jede Karriereentwicklung durch starre Strukturen
Ganz wichtig: Stellen Sie grundsätzlich niemanden ein, der besser ist als Sie. Lassen Sie Mitarbeiter nichts entscheiden – eigenverantwortliches Handeln ist tabu. Jede Entscheidung – und sei sie noch so klein – muss abgesegnet werden. Halten Sie wichtige Informationen bewusst zurück. Noch effizienter sind nur noch Gremien, die so angelegt werden, dass sie nie zu einer Entscheidung kommen. So basisdemokratisch wie möglich, das bringt garantiert auch die motiviertesten zum Verzweifeln. Kommen trotzdem noch gute Vorschläge, lassen Sie diese einfach schnell in der Schublade verschwinden. In Kombination mit wenig Gestaltungsspielraum wirken befristete Arbeitsverträge übrigens wahre Wunder. Verlassen Sie sich beim Talente-Management rein auf Ihr Bauchgefühl je nach Tagesverfassung. Blicken Sie dabei keinesfalls in die Zukunft oder ziehen Sie die strategische Unternehmensentwicklung in den Prozess mit ein. Ein weiteres gutes Mittel ist auch die Unterforderung. Übergehen Sie Mitarbeiter ganz gezielt und offensichtlich bei Beförderungen. Setzen sie weniger auf flexible Arbeitszeitmodelle und mehr auf unbezahlte Überstunden. Home-Office-Regelungen, die eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, werden ebenso ersatzlos gestrichen wie diese ominöse Work-Life-Balance. Die gläserne Decke ziehen Sie deutlich sichtbar aus Metall ein, damit Frauen im Unternehmen sich gar keine falschen Hoffnungen machen.
Sorgen Sie für ein schlechtes Betriebsklima
Grundsätzlich gilt: Je unmotivierter die Menschen umso besser. Bieten Sie den Mitarbeitern aus diesem Grund keine Möglichkeit der Identifikation mit dem Unternehmen. Achten Sie unbedingt darauf, dass alle Neueinstellungen so wenig wie möglich zur Unternehmenskultur passen. Das gilt besonders für die Führungskräfte. Sie wissen schon. Der Fisch und wo er zu stinken beginnt. Der Jackpot in der Führungsetage ist ein kontrollwütiger und unfähiger Choleriker, der alle Mitarbeiter drangsaliert. Und seine Respektlosigkeit gnadenlos auslebt. Erinnern Sie sich daran, was Stromberg so schön empfohlen hat: „Führung bedeutet, den Mitarbeiter so über den Tisch zu ziehen, dass er die Reibung als Nestwärme empfindet.“ Die höchste Ausbaustufe: Ein sexistisches und rassistisches Klima in Kombination mit Mobbing. Ein öffentlicher Pranger wird in seiner Wirkung immer wieder unterschätzt. Sollte, trotz aller Maßnahmen, immer noch Teamzusammenhalt aufkeimen, zerstören Sie ihn sofort. Keine Firmenveranstaltungen, keine neumodischen Team Buildings, die obligatorische Weihnachtsfeier gestalten Sie so freudlos und kühl wie möglich. Haben Sie schon ein Alkoholverbot angedacht? Bauen Sie Leistungsdruck auf wo möglich. Sie können hier zum Beispiel baulich einiges machen. Je größer und nackter die Büros, umso höher die Lautstärke und umso größer das Stresslevel. Warum sollte das Konzept der Gewinnmaximierung einer Legebatterie in Ihrem Unternehmen nicht fruchten?
Verbannen Sie Wohlfühl-Klimbim aus dem Unternehmen
Halten Sie Anreize für Mitarbeiter möglichst gering. Die Menschen sollen schließlich unter der Arbeitsbelastung schwitzen und nicht im hauseigenen Fitnesscenter. Eine schlechte Kantine ist ein Anfang. Dinge wie flache Hierarchien, freies Essen oder gar Extravaganzen von Kinderbetreuung bis „Office Beer Fridge“ sind verpönt. Eine Boulder-Kletterwand, Hängematten oder eine Rutsche in die Kantine können sich Mitarbeiter aufmalen, wir sind ja hier nicht bei Google. Eine spaßfeindliche Unternehmenskultur beschert Ihnen ein schlechtes Image und macht nachhaltig unattraktiv für Bewerber. Ganz wichtig noch: Bleiben Sie immer unberechenbar. Eignen Sie sich die Strategie eines Hasen an. Entscheiden Sie nicht schnell, sondern hakenschlagend. So ist auch garantiert, dass die Mitarbeiter nie wissen woran sie sind.
Die obige Geschichte ist für uns nur die Spitze des Eisbergs – denn schlechtester Arbeitgeber zu werden, bedeutet harte Arbeit und ist eine „Never Ending Story“. Aus diesem Grund wollen wir diese Geschichte mit Euren Beiträgen fortsetzen und neu erfinden. Schreibt uns unter a.powisch@kern-partner.at, was euch bewegt und unter den Nägeln brennt. Und teilt es mit Euren Freunden. Denn gute Leute kennen schlechte Stories ;-)
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