29 / 03 / 2018 in Fokus Technik & IT
Die Technik wird weiblicher
Jahrzehnte-, ja, jahrhundertelang war Technik ein maskulines Ressort. Frauen waren Exoten. Heute bemĂŒhen sich zahlreiche Bildungseinrichtungen und Unternehmen, den weiblichen Anteil in MĂ€nnerdomĂ€nen zu erhöhen â mit wechselhaften Erfolgen.
In vielen technischen Berufen wĂ€chst der Frauenanteil langsam, aber stetig. An der Technischen UniversitĂ€t Wien betrĂ€gt der Anteil weiblicher Studierender zurzeit im Durchschnitt 27 %. Unterschiede bestehen jedoch von Fach zu Fach, denn wĂ€hrend 55 % bzw. 49 % Frauen Architektur und Raumplanung studieren, kommt der Anteil weiblicher Studierender in Elektrotechnik oder Maschinenbau nur auf 12 % bzw. 10 %. Talente und Interessen weiblicher Technikstudierender sind also anhand der Zahlen recht klar ersichtlich. Frauen haben hĂ€ufig ausgeprĂ€gte StĂ€rken im sozialen Bereich und in der Kommunikation, sie können gut zuhören, sind gut in der Selbstreflexion und punkten im Bereich âemotionale Intelligenzâ. Soweit die Klischees, in denen vermutlich auch viel Wahrheit steckt.
Mehr Frauen an die Uni
An der Technischen UniversitĂ€t Wien, damals noch Technische Hochschule Wien, wurde die erste weibliche Gasthörerin 1908 registriert. Heute lassen sich viele der Karrierewege auf âFrauenspurenâ nachverfolgen, eine eigene Abteilung fĂŒr Genderkompetenz stellt sicher, dass das Ziel nicht aus den Augen verloren wird: technische Studien fĂŒr Frauen attraktiver zu machen. Sogar die Leitung der TU Wien in Person der Rektorin Univ.-Prof. DI Dr. Sabine Seidler ist weiblich. Seidler hat Polymerwerkstofftechnik an der deutschen Technischen Hochschule Merseburg studiert und gilt als Role Model fĂŒr Frauen in technisch-wissenschaftlichen Berufen. Auch die Initiative FEMTech des Bundesministeriums fĂŒr Verkehr, Innovation und Technologie schlĂ€gt in diese Kerbe. FEMTech unterstĂŒtzt Frauen in Forschung und Technologie und schafft Chancengleichheit in der industriellen und auĂeruniversitĂ€ren Forschung.
Die meisten Fachhochschulen bemĂŒhen sich ebenfalls, Projekte zur Frauenförderung umzusetzen und so mehr Frauen fĂŒr technische Studienrichtungen zu gewinnen. Im Studienjahr 2015/16 haben erstmals mehr Frauen als MĂ€nner eine FH abgeschlossen. Nun gilt es, Frauen vermehrt fĂŒr TechnikfĂ€cher zu begeistern, denn noch bleiben sie hier eine absolute Minderheit.
Startvorteil mit technischer Lehre
Auch bei Lehrberufen haben sich die Proportionen im Lauf der Jahre verĂ€ndert, sind jedoch noch weit entfernt von einem Gleichstand. Fast 50 % aller MĂ€dchen entscheiden sich fĂŒr die Lehrberufe Einzelhandel, BĂŒrokauffrau oder Friseuse, wĂ€hrend 36 % aller Burschen Metalltechnik, Elektrotechnik oder Kraftfahrzeugtechnik wĂ€hlen. Umso bemĂŒhter sind viele Institutionen, junge Menschen vermehrt fĂŒr seltenere und geschlechtsatypische Berufe zu interessieren. MĂ€dchen in der Tischlerei, in der Schlosserei oder der Kfz-WerkstĂ€tte sind nach wie vor selten, aber es gibt sie immer öfter.
âFrauen in Handwerk und Technikâ (FiT) will die StĂ€rken und Interessen von Frauen in technischen Berufen fördern. Der Arbeitsmarktservice Ăsterreich ruft junge, technisch interessierte Frauen und MĂ€dchen dazu auf, die Pro-Argumente wie gute Verdienstmöglichkeiten und Karrierechancen sowie viel Abwechslung unter die Lupe zu nehmen. BroschĂŒren, Filme, Erfolgsgeschichten, Infotage oder Kurse sollen Lust auf Technik machen und sind damit recht erfolgreich. Schnell stellen auch Arbeitgeber fest, dass Frauen oft andere oder zusĂ€tzliche Kompetenzen einbringen und so auch das Unternehmen profitiert. Wichtig ist dem AMS dabei, schon frĂŒh in der Schul- und Berufsausbildung zu beraten, denn wenn die Vorbereitung auf technische Berufe zu spĂ€t erfolge, sei die Drop-out-Rate hoch.
Es bedarf wohl dennoch mehr als engagierter Programme wie FEMTech oder FiT, um mehr Frauen fĂŒr technische Berufe zu begeistern. Frauenförderung wirkt dann am besten, wenn die Grundlagen bereits vorhanden sind â und die werden in der Kindheit gelegt. VĂ€ter und MĂŒtter, dann Lehrer und Ausbildner sind gefordert, die Erwartungen junger Frauen in die richtigen Bahnen zu lenken, damit sie sich mehr zutrauen und ihre echten Talente und Interessen nutzen.
KERN engineering careers stellt die Technik in den Fokus und plĂ€diert ganz klar fĂŒr mehr Frauenpower in der Technik. Denn das, was Frauen können, gepaart mit dem, was MĂ€nner schaffen, ist fĂŒr alle der SchlĂŒssel zum Erfolg.
BerĂŒhmte Technikerinnen der Geschichte
- Walentina Tereschkowa war als erste sowjetische Kosmonautin 1963 an Bord der Raumkapsel âWostok VIâ.
- Hanna Reitsch war eine deutsche Pilotin, die vor, im und nach dem zweiten Weltkrieg ĂŒber 40 Rekorde erflog â unter anderem als erster weiblicher FlugkapitĂ€n fĂŒr Helikopter, Raketenflugzeug und Jet.
- Die Amerikanerin Mary Anderson entwickelte 1903 den Scheibenwischer fĂŒr die Windschutzscheibe von Autos.
- Bertha Benz (geb. 1849) verhalf dem Automobil gemeinsam mit ihrem Mann zum Durchbruch.
- Die US-Amerikanerin Josephine Cochrane erhielt 1886 das erste praxistaugliche Patent auf ihre GeschirrspĂŒlmaschine.
- Hedy Lamarr (1914-2000) war nicht nur höchst populĂ€rer Ăsterreich-Export nach Hollywood, sondern auch Erfinderin der Torpedosteuerung bzw. des Frequenzsprungverfahrens im Mobilfunk.
- Margarete SchĂŒtte-Lihotzky (1897-2000) war die erste studierte Architektin Ăsterreichs und Erfinderin der EinbaukĂŒche.
- Die britische Mathematikerin Ada Lovelace (1815-1852) gilt als erste Programmiererin der Welt.
- Marga Faulstich (1915-1998) war eine deutsche Glaschemikerin und entwickelte optische GlÀser.
- Lise Meitner (1878-1986) war eine österreichisch-schwedische Kernphysikerin und lieferte die erste ErklÀrung zur Entdeckung der Kernspaltung durch Otto Hahn.
- Marietta Blau (1894-1970) war Physikerin und Mathematikerin und arbeitete am Institut fĂŒr Radiumforschung in Wien. Sie forschte im Bereich der Fotografie.
- Die deutsch-amerikanische Physikerin Maria Goeppert-Mayer erhielt 1963 zusammen mit J. Hans D. Jensen den Nobelpreis fĂŒr Physik fĂŒr die Entdeckung der Schalenstruktur der Atomkerne.
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veröffentlicht von Hannah Meister, MA BSc
Hannah sieht ihre TĂ€tigkeit im Recruiting nicht nur als Job, sondern vielmehr als Berufung. Sie geht gerne innovative Wege, versucht Menschen zu begeistern und strotzt vor Leidenschaft und Engagement. Zudem stehen jede Menge KreativitĂ€t, HartnĂ€ckigkeit und Einfallsreichtum auf ihrer tĂ€glichen Agenda â ganz nach der Devise: âDenken Sie GroĂ â.